Was klinget und singet die Straß' herauf?
Ihr Jungfern, machet die Fenster auf!
Es ziehet der Bursch' in die Weite:
Sie geben ihm das Geleite.

 

Wohl jauchzen die anderen und schwingen die Hüt',
viel Bänder darauf und viel edle Blüt';
doch dem Burschen gefällt nicht die Sitte,
geht still und bleich in der Mitte.

 

Wohl klingen aus Kannen, wohl funkelt der Wein:
"Trink' aus und trink' wieder, lieb Bruder mein!"
"Mit dem Abschiedsweine nur fliehet,
der da innen mir brennet und glühet."

 

Und draußen am allerletzten Haus
da guckt ein Mägdlein zum Fenster hinaus,
sie möcht' ihre Tränen verdecken,
mit Gelbveiglein und Rosenstöcken.

 

Und draußen am allerletzten haus,
da schlägt der Bursche die Augen auf,
und schlägt sie nieder mit Schmerze,
und legt die Hand aufs Herze.

 

"Herr Bruder, und hast du noch keinen Strauß:
dort winken und wanken viel Blumen heraus.
Wohlauf, du schönster von allen,
lass ein Sträußlein herunter fallen."

 

"Ihr Brüder, was sollte das Sträußlein mir?
Ich hab ja kein liebes Liebchen, wie ihr!
An der Sonn' würd' es vergehen,
der Wind, der würd' es verwehen."

 

Und weiter, ja weiter mit Sang und Klang!
Und das Mägdlein lauschet und horchet noch lang.
"O weh! Er ziehet, der Knabe,
den ich stille geliebet habe.

 

Da steh' ich, ach, mit der Liebe mein,
mit Rosen und mit Gelbveigelein:
Dem ich alles gäbe so gerne,
der ist nun in der Ferne.

 

Anonym

Ludwig Uhland